Pflanze des Monats Mai

                                                  
                              Die Gerste ist die erste! 

Der Vollfrühling, gekennzeichnet durch die Blüte von Apfel und Flieder, ist über 

Europa hinweg gezogen. Er startete Ende Februar an der Algarve (Portugal)

und erreichte 3 Monate später das etwa 3600 km entfernte Finnland. 


Im Mittel zieht der Frühling in Europa mit einer
Geschwindigkeit von 44 Kilometern 

pro Tag von Süd nach Nord, mit 200 Kilometern pro Tag von West nach

Ost und verspätet sich um 3 Tage pro 100 Metern Höhenzunahme im Gebirge.

Als Student hatte ich mich auf einer Lappland-Exkursion einmal sehr gewundert, 

dass am Hafen von Narvik im Juni noch der Flieder blühte, denn bei uns

ist er die phänologische Leitpflanze für den Vollfrühling. Und noch etwas fiel mir

in Skandinavien auf: Nördlich von Stockholm wurde (bis hinauf zum Polarkreis !)

als Getreidepflanze nur die Gerste angebaut.

Wieso eigentlich?


Die Sommergerste, die im Frühjahr ausgesät wird, reift in weniger als 100 

Tagen, benötigt deutlich weniger Wärme als die Wintergerste und ist deshalb in 

kühleren Regionen von enormer Bedeutung.

Wintergerste wird im September gesät und eröffnet in der Regel die Getreideernte.

„Die Gerste ist die Erste“, haben meine Schüler, Kinder und Enkel gelernt,

und das bezieht sich nicht nur auf die Ernte, sondern auch auf das Erscheinen der Ähren

und die Blüte. Die erste Gerstenähre ist für mich persönlich der Beginn des Sommers, 

zumal in Getreidefeldern zunehmend wieder eine farbenprächtige Begleitflora

bewundert werden kann, vor allem der Klatschmohn und die Kornblume.

 

Das folgende Foto wurde am 16. Juni 2013 bei Rossbach am Kaufunger Wald 

aufgenommen. Es zeigt wunderschön die „Signale des Sommers“.

Sommer

Obwohl Klatschmohn und Kornblume so spät erst blühen, können sie sich in Getreidefeldern

behaupten.                                                                                                                                      

Warum ? 

Sie überwintern in Form winziger Samen unter der Erdoberfläche, wobei ihnen das Umpflügen

 nicht schaden kann.

Andere Pflanzen, wie zum Beispiel das Gänseblümchen, die als Blattrosette über der Erde

überwintern, hätten kaum eine Chance, die scharfen Messer eines Pfluges zu überleben.

Übrigens wächst der Klatschmohn auch gerne in Rapsfeldern, wo er die dominierende Gelbfarbe

der Rapsblüte im Vollfrühling in das leuchtende Mohnrot des Frühsommers verwandelt. Beide

Fotos wurden 2013 oberhalb von Klein Lengden bei Göttingen vom gleichen Standort aus

aufgenommen.

Raps
Signale

Text und Fotos: Heinz-Joachim Hartmann (OStR. i.R.) im April 2015