Pflanze des Monats November

Der Fichtenporling

Leuchtende Signalfarbe im dunklen Novemberwald

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Foto: J. Hartmann

Gibt es noch etwas, wofür es sich lohnt, auch an kalten, dunklen, feuchten Novembertagen draußen in der Natur Ausschau zu halten ?  Und ob ! Neben den Farnen, Moosen und Flechten sind es jetzt vor allem die Baumpilze, deren Farben und Strukturen begeistern und trübe Wintergedanken vertreiben können.      

Als Baumpilze werden im weitesten Sinne alle Pilze  bezeichnet, die (meist vorgeschädigtes) Holz besiedeln und abbauen ; es handelt sich also um nichtgrüne Vollschmarotzer-Pflanzen. Einer der schönsten und bekanntesten ist wohl  der  Rotrandige Baumschwamm  (Fomitopsis pinicola), der meist nur kurz Fichtenporling genannt wird, weil er erstens sehr häufig die Fichten befällt und  zweitens die Hutunterseite aus Poren besteht. Das wunderschön gefärbte Exemplar auf dem Foto oben entdeckte ich an einer mit Flechten überzogenen Fichte am Achtermann im Harz, etwa 900m ü.NN.

Zwei  Komponenten sorgen für die Standfestigkeit von Holz: In Längsrichtung die weiße Zellulose, die reißfest und biegsam ist, und dazwischen eingelagert  das braune Lignin, das für die Druckfestigkeit sorgt (vgl. Stahlbeton !). Baumpilze zersetzen nun das „Totholz“ auf unterschiedliche Art und Weise. Die einen, wie der Fichtenporling, besitzen ein Enzym, das zunächst die Zellulose des Nadelbaums abbaut, so dass braunes Lignin sichtbar wird. Dabei zerfällt das Holz zunächst in eckige braune Würfel, später in braunes Pulver. Den Vorgang bzw. das Ergebnis nennt man daher „Braunfäule“, die sehr schön an einem Fichten-Baumstumpf „Auf dem Acker“ im Harz zu  erkennen ist.

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Braunfäule an einem Fichtenbaumstumpf im Harz
Foto: J. Hartmann

Ganz anders verläuft der Abbau beim bekannten und sehr häufig vorkommenden „Zunderschwamm“ (Fomes fomentarius). Als
Zunder bezeichnet man sehr leicht brennbares Material, das früher als Anzündmittel zum Entfachen von Feuer verwendet wurde. Diesen Pilz sieht man vorwiegend an Laubbäumen, und sein Enzym baut nicht die Zellulose ab, sondern zunächst das braune Lignin. In diesem Fall bleiben  also weiche, weißgraue Faserbündel  aus Zellulose übrig, die den Bau von Vogel-Nisthöhlen ungemein erleichtern. Diesen Vorgang bzw. das Produkt nennt man „Weißfäule“, die sehr schön auf einem Stück Birken-Totholz aus dem Habichtswald bei Kassel zu erkennen ist.
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Foto: J. Hartmann

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Foto: J. Hartmann

Der Zunderschwamm, oben an einer Rotbuche auf der Jordanshöhe im Harz, ist ähnlich geformt wie der Fichtenporling. Ältere Exemplare sind hier aber meist durchgehend grau-schwarz gefärbt, während die jungen Pilze, die noch keinen Winter erlebt haben,  einen beige-braunen Farbton aufweisen (siehe Foto).

Nach so viel „Wissenschaft“ sollte man sich aber auch einmal allein an den wunderbaren Farben und Formen der Baumpilze erfreuen, wozu abschließend   mein Lieblings-Baumpilz, die Schmetterlings-Tramete, anregen soll. Die Pilzgruppe mit den unterschiedlich gefärbten Individuen habe ich am Steinhuder Meer fotografiert. Und inzwischen hat sie auch einen Weg in meinen Garten gefunden, wo sie, wie ein bunter Schmetterling (!), ihrem Namen alle Ehre macht.

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Foto: J. Hartmann
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Foto: J. Hartmann
erstellt von J. Hartmann ehemaliger Schüler und Lehrer am FKG, konfguriert von Erhard L., Oktober 2016