Pflanze des Monats  Mai

Das Breitblättrige Knabenkraut

Diese Pflanze liebt Sonnenschein, gemäßigte Temperaturen und -  nasse Füße !


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Foto: J.Hartmann

Das Breitblättrige Knabenkraut (Dactylorhiza majalis), auch Breitblättrige Fingerwurz genannt, ist eine auf ungedüngten Feuchtwiesen in Mitteleuropa noch gelegentlich häufig anzutreffende Orchideen-Art, wobei sie in der Umgebung von Göttingen sehr selten geworden ist. Der Gattungsname Dactylorhiza kommt von den fingerartigen Wurzelknollen (von griechisch dactylos „Finger“ und rhiza „Wurzel“). Der Artname  majalis  weist auf den Blütemonat Mai hin (von lateinisch maialis „auf den Mai bezogen“). Die Blütezeit beginnt in tieferen Lagen bereits Anfang Mai und endet in höheren Lagen Ende Juli, wobei sich die untersten Blüten meist schon öffnen,  bevor der Stängel seine endgültige Höhe erreicht hat. Das erste Mal sind mir vor 40 Jahren blühende Exemplare auf den Bergwiesen des Hohen Meißners aufgefallen, wo sie mir auf den sumpfigen, anmoorigen Wiesen zwischen Sumpf-Schachtelhalmen, Sumpf-Läusekraut, Trollblumen und Wollgräsern  in kräftigen rotvioletten Farben entgegen strahlten (Foto oben). Lange Zeit habe ich diese Pflanze aus den Augen verloren, da ich nur auf Trockenrasen nach Orchideen gesucht habe. Erst in den Alpen ist sie mir auf der Seiser Alm in 2000 m Höhe (!) vor wenigen Jahren an einem Bachlauf wieder begegnet:

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                                       Foto: J. Hartmann

Auffällig ist, dass  –wie bei fast allen Orchideen-  der Fruchtknoten um 180 Grad gedreht ist, so dass nunmehr die Blütenlippe nicht oben, sondern unten liegt, womit  jetzt eine gute Landemöglichkeit für die Bestäuber gegeben ist. Wie bei allen Orchideen besitzen die Samen statt Nährgewebe einen Hohlraum aus Luft, so dass sie sich als typische „Körnchenflieger“ ausbreiten können. Ihre Sinkgeschwindigkeit beträgt 25 cm/s, was eine Flugweite von 10 km ermöglicht.  Samenkeimung ist nur in Anwesenheit eines spezifischen Pilzes möglich, wobei aber auch eine ungeschlechtliche Vermehrung durch basale Brutknospen erfolgt.

Nachdem ich nun das Breitblättrige Knabenkraut in den Alpen und im Mittelgebirge gefunden hatte, war es mein Ehrgeiz, auch einmal auf den feuchten Talwiesen in der näheren Umgebung von Göttingen danach Ausschau zu halten. Aber selbst nachdem ich diesbezüglich mehrmals auf das Dorf  Landolfshausen hingewiesen worden war, habe ich dort drei Mal vergeblich gesucht.

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 Quelle:  Ausschnitt aus der Topographischen Karte 1:50000 "Eichsfeld", herausgegeben vom Thüringer Landesvermessungsamt 1996


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  Foto: J. Hartmann

Erst auf einer  Feuchtwiese im Nordosten des Dorfes wurde ich kürzlich fündig: Über 300 Exemplare vom Breitblättrigen Knabenkraut strahlten mir in einem Gewirr von Binsen und anderen Sumpfpflanzen in der Morgensonne entgegen, wobei ich sogar eine weißblühende Pflanze entdeckte:      

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 Foto: J. Hartmann

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 Foto: J. Hartmann

Solche feuchten ungedüngten Wiesen gibt es in der Nähe von Göttingen nur noch selten, zumal sie einmal im Jahr nach der Fruchtreife der Orchideen von ehrenamtlichen Helfern gemäht und gesäubert werden müssen, weil ansonsten vor allem das Schilf schnell überhand nehmen und die lichtbedürftigen Orchideen verdrängen würde.

 

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 Foto: J. Hartmann

Vom Orchideen-Glückgefühl beseelt bin ich noch einmal zum Hohen Meißner zurückgekehrt und habe auf der feuchten Struthwiese ein „Orchideenparadies“mit dem   Breitblättrigen Knabenkraut genossen:

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 Foto: J. Hartmann

erstellt von J. Hartmann ehemaliger Schüler und Lehrer am FKG, konfguriert von Erhard L., April 2017