Pflanze des Monats Februar

Seidelbast

Er bringt den ersten Duft in den Vorfrühlingswald

„Riechst du etwas ?“  So hat mich mein Vater häufig bei der ersten  Frühjahrs-wanderung im noch entlaubten Kalkbuchenwald gefragt. „Das ist Daphne mezereum, der Seidelbast !“  Und tatsächlich, da stand er:  Ein kleiner Busch mit wunderschönen rosavioletten Blüten und hellgrün austreibenden Laubblättern, und das mitten auf dem noch kahlen, graubraunen Waldboden mit vielen vertrockneten Blättern und abgestorbenen Pflanzen. Und plötzlich erwachte das Leben ringsum und weckte auch in uns Frühlingsgefühle: Farbe, Sonne, Wärme, Duft, Vogelgesang, Schmetterlinge.

Er ist`s, hat Eduard Mörike gedichtet: Frühling lässt sein blaues Band wieder flattern durch die Lüfte; Süße, wohl-bekannte Düfte streifen ahnungsvoll das Land. Veilchen träumen schon, wollen balde kommen. Horch, von fern ein leiser Harfenton! Frühling, ja du bist's! Dich hab ich vernommen!

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Foto: J. Hartmann

Der Seidelbast gehört zu den dankbarsten, kleinen, sommergrünen Blütensträucher im Garten. Er bildet eine Pflanzengattung aus der Familie der Seidelbastgewächse. Diese umfasst weltweit etwa fünfzig Arten und ist in Eurasien verbreitet, wobei die meisten Arten in China anzutreffen sind. Die Blüte des Seidelbasts zeichnet sich durch zwei Besonderheiten aus: Die stark duftenden, rosa bis purpurrot gefärbten, 7 bis 9 mm langen Blüten sitzen meist in Dreiergruppen seitenständig unmittelbar der Sprossachse an, was der Botaniker als „Cauliflorie“ bezeichnet. Der Echte Seidelbast ist die einzige „cauliflore“ Art Mitteleuropas; gewöhnlich ist direkte Stammblütigkeit nur bei Tropenpflanzen verbreitet, z.B. beim Kakaobaum, bei Judasbaum oder beim Johannisbrotbaum. Eine weitere Besonderheit ist, dass keine Blütenkrone entwickelt wird, sondern die Blütenhülle allein von der Kelchröhre des vierzipfeligen, kronblattähnlichen, rosafarbenen Kelchs gebildet wird. Da die Schaufunktion auf den Kelch übergegangen ist, hat dieser die Aufgabe, die langrüsseligen Insekten zur Bestäubung anzulocken. Die mit einem Durchmesser von etwa 10 mm erbsengroßen, leuchtend roten, äußerst giftigen, beerenartigen Früchte des Seidelbasts reifen von August bis September.

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Foto: J. Hartmann                                          
                                                           Kleiner Fuchs auf Seidelbastblüten Anfang März


Wie schon bei der Pflanze des Monats Januar 2017 (Winterlinge) kann man auch am Seidelbast wieder den Kleinen Fuchs beobachten. Warum eigentlich? Die Antwort ist einfach: Nur 6 von ca. 180 Tagfalterarten überwintern als Falter (die Mehrzahl als Ei, Raupe oder Puppe). Diese Falter (Tagpfauenauge, Kleiner Fuchs, Zitronenfalter, C-Falter, Trauermantel, Großer Fuchs) suchen im Herbst geschützte Stellen in der Natur (hohle Bäume, Höhlen) oder Verstecke im Siedlungsbereich (Holzschuppen, Keller, Dachwohnungen in Häusern) auf. Sie können dann bei der ersten größeren Erwärmung im Frühjahr (gelegentlich auch schon im Januar/Februar) sofort wieder auftreten, während die anderen zunächst erst einmal die Entwicklungsstufen bis zum fertigen Falter durchlaufen müssen. Für die sechs „Frühaufsteher“ ist der Seidelbast ein Glücksfall, da dieser kleine Busch schon im Schnee blühen kann, wobei jede einzelne Blüte mit ihrem starken Duft den Schmetterling anlockt und in ihrer Blütenröhre reichlich Nektar anbietet.

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Foto: J. Hartmann                                                 
                                                   Kein seltenes Bild: Blühender Seidelbast im Schnee

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Foto: J. Hartmann

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Foto: J. Hartmann

Die Lieblingspflanze meiner Frau ist im Garten auch ein Seidelbast, aber nicht Daphne mezereum, sondern Daphne cneorum, der Rosmarin-Seidelbast. Diese kalkliebende Pflanze kommt auch in Süddeutschland wild vor und besticht durch seine wunderschönen Blüten, die im Knospenstadium eine tiefrote Farbe zeigen und beim Aufblühen heller werden.

erstellt von J. Hartmann ehemaliger Schüler und Lehrer am FKG, konfguriert von Erhard L., Januar 2017