Der Hohe Meißner und seine Pracht(-nelken) im August

Nomen est omen:

Ein Kleinod für Auge und Nase

marke
Man muss sie einfach lieben, diese wunderschöne Prachtnelke (Dianthus superbus), deren einmalige Eleganz in Farbe und Form auch in der lateinischen Artbezeichnung zum Ausdruck kommt: Super ! Die Prachtnelke ist eine mehrjährige, krautige Pflanze, die eine Wuchshöhe von 20 bis 60 Zentimetern erreicht. Sie gehört zur Pflanzengattung der Nelken (Dianthus), die ca. 300 Nelkenarten umfasst. Die Prachtnelke erinnert aber weder in Aussehen noch ihrem spezifischen Duft an herkömmliche Nelken und gehört zu den gesetzlich geschützten Pflanzenarten in Deutschland. Wenn in den Alpen die Zeit der Krokusse, Alpenrosen, Enziane, Orchideen und Lilien vorbei ist, beginnt mit der Prachtnelken-Blüte  auf vielen Wiesen ein letzter Sommer-Höhepunkt.

Diese schöne Staudennelke blüht zwar später als die meisten anderen Arten, aber dann umso beeindruckender! Die Farbskala der auffällig lang gefransten Blütenblätter reicht vom fast reinen Weiß über alle Rosa-Abstufungen bis zum Purpurviolett, wobei der Blütengrund grünlich kontrastiert und mit einem Ring von braunroten Haaren belegt ist. Sie verströmen einen ausgeprägten und durchdringenden Duft, der mit „Vanille“ und „Flieder“ beschrieben wird.

Die Prachtnelke blüht im Sommer in den Monaten Juni bis September. Sie bevorzugt sonnige bis halbschattige Standorte und sollte vor starkem Wind geschützt werden. Sie gedeiht besonders gut auf schwach sauren, kalkarmen und leicht feuchten Böden. Daher ist sie sehr oft in Eichenwäldern, auf feuchten Wiesen, an Waldrändern, Seeufern, Flachmooren aber auch Berghängen zu finden. Zum Teil wächst sie auch in Bergregionen oberhalb der 2000 Meter, wie die Fotos von der Seiser Alm dokumentieren. Die Prachtnelke ist –entsprechend ihrer Herkunft- winterhart und mehrjährig. Ihre Vorkommen erstrecken sich von Mittel- über Nordost-Europa bis nach ganz Asien (siehe Briefmarke Mongolei), wobei sie in Mitteleuropa eher selten und in Deutschland nördlich der Mainlinie –bis auf wenige Ausnahmen- gar nicht anzutreffen ist. Die derzeitige rückläufige Tendenz erklärt sich vor allem aus dem Rückgang der geeigneten Feucht- Biotope im Zusammenspiel mit zunehmendem Düngemitteleintrag
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Für den Garten kann sie eine interessante Ergänzung sein und stellt beispielsweise an Gartenteichen und Bachläufen einen abwechslungsreichen Blickfang dar. Sie fügt sich aber auch harmonisch in die Wildstaudenpflanzung ein. Gute Nachbarn sind Mädesüss, Astilben, Wasserdost, Sumpfdotterblume, Trollblume und  Wiesenraute.  Auch als Schnittblume ist sie wegen der langen Haltbarkeit sehr beliebt.

Nachdem ich diese Pflanze bisher nur in den Alpen am Naturstandort auf der Seiser Alm angetroffen hatte, war ich verwundert  über die Information, dass sie auch vereinzelt in Süddeutschland vorkommen soll.  Zu meiner großen Überraschung lag am 20. Juli 2014 auf dem Hohen Meißner in Nordhessen eine ganze Wiese voller Prachtnelken vor mir, an einem sonnig-warmen Sommermorgen auf der „Hausener Hute“(Hausen ist der Name des Nachbarortes, und Hute steht für Hüten, weil hier früher Schafe und Rinder gehütet wurden). Da man auf dieser Wiese zudem eine fantastische Fernsicht hatte, fühlte man sich dem Alltag enthoben wie im Paradies. Die Wiesen auf dem Hohen Meißner wurden zwischen dem 12. Und 16. Jahrhundert durch Rodung des Waldes angelegt, um wertvolles Bergheu ernten oder Vieh in der guten Luft weiden lassen zu können. Nachdem die Wiesen- und Weidewirtschaft  z.B.  oben auf der Hausener Hute unrentabel wurde, drang der Wald in das ihm einst entrissene Gebiet wieder vor, ohne jedoch sein altes Terrain wiedererobern zu können, da der Mensch inzwischen an mehreren Stellen die Mahd und die Beweidung wieder eingeführt hatte (was allerdings unrentabel ist und nur mit Subventionen durchgeführt werden kann). Die meisten Wiesen werden erst spät im Jahr gemäht, wenn die Samen von vielen seltenen und geschützten Pflanzen ausgereift sind. Dazu zählen neben der Prachtnelke, die Arnika, die Trollblume, mehrere Orchideenarten  u.a.

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Wegen der prächtigen Aus- und Fernsicht ist vor allem ein Wiesenpfad zu empfehlen, der vom Meißnerhaus (Naturfreundehaus ! Nicht Berggasthof Hoher Meißner !) mitten durch die Hausener Hute sanft bergab verläuft und viele Pflanzenschätze unmittelbar am Wegesrand  vor den Augen präsentiert. Im Juli sieht man an vielen Stellen einen hellvioletten Schleier aus Prachtnelken über der Wiese liegen, einzigartig kontrastiert mit dem satten Gelb des Echten Labkrautes. Aus dem Werratal mit dem Auto kommend folgt man immer der Beschilderung

„Naturpark Hoher Meißner“, bis man oben in ca. 750 m Höhe bei den auffälligen Sendeanlagen mehrere Parkplätze und Wegabzweigungen vor sich sieht. Man fährt die Hauptstraße auf dem Hochplateau ganz nach Westen, bis es gerade wieder bergab geht. Dort ist –etwas überraschend und im Schatten versteckt- die Abfahrt nach links (Süden) zum „Naturfreundehaus Meißner“ ausgeschildert. Nach 300 m Waldstraße gelangt man zum großen Parkplatz am Meißnerhaus – direkt oberhalb der „Hausener Hute“.  Kommt man von Kassel bzw. aus dem Fuldatal, folgt man im Dorf „Hausen“ der Ausschilderung „Naturpark Hoher Meißner“ steil bergauf.  In diesem Fall liegt die Abzweigung zum „Naturfreundehaus Meißner“ rechts, und zwar genau an der Stelle , wo der steile Anstieg der Straße –nach einer letzten Kurve -  endet.

In und um die „Hausener Hute“ sind mehrere Wege gut ausgeschildert. Geht man vom Naturfreundehaus 400 m nach Osten bergan, so gelangt man zum wunderbar gelegenen und empfehlenswerten „Berggasthof Hoher Meißner“, wo einen die traumhafte Aussicht zwar die Sprache, aber keinesfalls den Durst und den Appetit verschlägt.

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Zur besseren Orientierung haben wir Ihnen 3 Karten hinzugefügt.

Das Naturfreundehaus ist jeweils auf den Karten gekennzeichnet.

Karte 1

Karte 2

Karte 3

Erstellt von J. Hartmann, ehemaliger Schüler und Lehrer am FKG im Juli 2015