Entstehung einer reliefgebundenen Inversionswetterlage

Während des Zustandekommens einer Inversion kühlt sich die bodennahe Luftschicht ( unter 2m Höhe) besonders in höheren Lagen (hier: Nikolausberger Hochfläche) stärker  ab als im Tal, da das wärmespeichernde Wasserdampfpolster der Atmosphäre auf der Hochfläche himmelwärts dünner ist als im Tal (hier um ca 200 m dünner). Die  Isolierschicht ist also in Nikolausberg geringmächtiger und dadurch die Ausstrahlung stärker als im Tal. Folglich verringert sich das Volumen der Luft durch die niedrigeren Temperaturen, wobei sich die Masse der Luft nicht verändert. Dementsprechend vergrößert sich die Dichte der kalten Luft, so dass diese dicht am Boden  wegen ihres größeren spezifischen Gewichts dem natürlichen Gefälle (Kaltluft fängt an zu fließen bei mehr als als 1° bis 2° Neigung)  folgend zähflüssig und /oder lawinenartig talwärts fließt. Darüber lagert sich leichtere beziehungsweise wärmere Luft. Die kalte Luft sinkt immer weiter ins Tal. Dabei wird wärmere Luft mit geringerer Dichte, die nun nach oben steigt, aus dem Tal verdrängt.

Voraussetzung für eine solche Inversion ist eine Landschaft, die aus Hochflächen und darin eingeschnittenen Tälern besteht, Wolkenlosigkeit und Windstille, damit sich die Luftschichten nicht vermischen können. Sollte ein Wind wehen, werden die Luftschichten miteinander vermischt, sodass keine Inversionswetterlage entstehen kann. 

Im Tal lagert sich nun die kalte Luft ab und die warme Luft darüber. Die Grenzschicht, die sich zwischen kalter Bodenluft und warmer Höhenluft bildet, heißt Inversionsgrenzschicht. Die Inversionsgrenzschicht ist ziemlich stabil und fungiert als thermische (und akustische) Sperrschicht, die sowohl das Aufsteigen von unten kommender Luft als auch das Absinken von oben kommender Luft verhindert.

                                           

Für Göttingen und Nikolausberg folgt hieraus, dass sich im Leinetal – also in Göttingen – die kalte Luft sammelt, während in Nikolausberg die Temperatur höher ist als im Tal. Die Temperaturabnahme beginnt erst wieder über der Inversionsschicht.

Unsichtbares wird sichtbar!!

Inversionswetterlagen sind nicht nur durch langgestreckte Nebelbänke und Dunstglocken zu erkennen! Selbst, wenn der Taupunkt (augenblickliche Temperatur, ab der der der unsichtbare Wasserdampf  kondensiert) nicht erreicht wird, kann es sein, dass man die reliefgebundene  Inversionsschicht zumindest indirekt wahrnimmt.
Ein besonders eindrucksvolles Schauspiel bot sich im Frühjahr 2001 dem Fotografen morgens gegen 08:00 Uhr, als er südlich von Göttingen an der B27 (Höhe Reinshof) in nordwestlicher Richtung die Emissionen aus dem Schornstein des  Novopan-Spanplattenwerkes beobachtete. Bei völliger Windstille hatte sich über dem Schornstein ein Rauchkegel gebildet, weil die Wärme der Rauchgase aus dem Schlot, die sich sofort mit der Umgebungsluft mischten, nicht ausreichte, die thermische Sperrschicht zu durchdringen (fehlende Thermik, siehe rechts). Es reichte nur dazu, die thermische Grenzschicht nach oben "auszubeulen".

Kegel Novopan
Foto: Dr. Juraschek
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Rauchfahne Novopan
Rauchfahne2 Novopan
Fotos: Dr. Juraschek
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Ein wenig später wurden die Hangabwinde von der Dransfelder Hochfläche mächtiger (Verstärkung der Hangabwinde durch die Wirkung der Verdunstungskälte in den bodennahen Luftschichten bei aufgehender Sonne), erreichten von unten den Rauchkegel und zogen ihn zu einer  langgestreckten Rauchfahne, die sich über Göttingen ausbreitete. Gut zu erahnen ist hier auch die Bedeutung der lokalen Industrie-Abgase für die schlechtere Luftqualität in Siedlungsräumen bei häufigeren,  reliefgebundenen Inversionswetterlagen, wobei natürlich nicht die Rolle des Hausbrandes (Heizungen vor allem mit fossilen Brennstoffen) besonders in den kalten Jahreszeiten vergessen werden darf.(siehe links).
Hat sich nun eine Inversion gebildet, dann kann man, bei etwas Glück, in der Dunkelheit und oberhalb der thermischen Grenzschicht genau die Umrisse des Kaltluftsees sehen, da die Schmutzteilchen und das Kondensat únterhalb der Sperrschicht  das Licht, das von der Stadt ausgestrahlt wird, brechen.
Die Aufnahme (rechts) wurde von Nikolausberg aus aufgenommen. Das eher orange-rote Licht stellt die Beleuchtung des Kaufparks dar.
leuchtendeWolke                                                     Foto: E.Langkeit
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UnverhofftNach über 40 Jahren wuurde eine wissenschaftliche Arbeit gefunden, die zu diesem Thema und zu diesem Raum erarbeitet wurde!
Klick

Ein  Filmteam des NDR hat uns besucht und zu diesem Thema einen Beitrag in N3 gesendet: Will ich sehen!

Von Felix Auspurg und Bruno Lüth - 10mn, Mai 2006